Jakobsweg: Von Santiago bis Finisterre in vier Tagen
Vorgestern hat Gunter Morgenthal das Kap Finisterre am Atlantik, das „Ende“ vom Jakobsweg, erreicht. Bevor es morgen über Muxia zurück nach Santiago geht, hat er sich gestern eine wohlverdiente Auszeit gegönnt – die erste seit er am 8. Juni in St. Jean Pied de Port in Frankreich gestartet ist.
Ein wenig verkatert
15. Juli: Obwohl er in Santiago erst weit nach Mitternacht ins Bett gekommen ist, klingelt der Wecker schon um zehn nach sechs. Gestern auf dem Weg ins Pilgerbüro hatte er einen gelben Pfeil gesehen, den er sofort nach einem reichlichen Frühstück ansteuert. Auf dem Camino nach Finisterre soll es heute so richtig heiß werden. Trotzdem lässt sich Gunter Morgenthal Zeit. Nach ein paar Kilometern aufwärts, ein letzter Blick auf die Türme der Kathedrale, die in der Ferne noch zu erkennen sind. Auf diesem Teil des Camino, der durch wunderschöne Dörfer und herrliche Landschaften führt, sind nur sehr wenige Pilger unterwegs. Nach neun Kilometern macht der Buxtehuder in Alto do Vento eine Pause und unterhält sich mit ein paar deutschen Pilgern. Weiter geht es bergauf. Ein sehr langer Anstieg, bis er endlich oben ankommt und wenig später vor einer Bar leicht erschöpft aber glücklich eine zweite Pause einlegen kann. Um viertel vor zwei ist sein heutiges Etappenziel, Negreira, erreicht. Dort trifft er auf Heide und Sabine, die er schon von unterwegs kennt, und steuert mit ihnen die nächste Herberge an. Am Abend werden die Tische in der Bar der Herberge zusammengeschoben und im Kreise anderer Pilger gemütlich zu Abend gegessen.
Es bleibt heiß auf dem Jakobsweg
16. Juli: Mit Heide, Martin und Elias, mit denen Gunter Morgenthal am Abend das Pilgermenü eingenommen hatte, macht er sich bereits um viertel nach sechs auf den Weg. Der Wetterbericht kündigt 35 Grad an und die Pilger wollen vor der großen Mittagshitze in Santa Mariña ankommen. Noch ist es angenehm frisch und die leichten, aber langen Anstiege machen nicht allzu große Mühe. Weil sie aber so früh schon auf dem Camino sind, ergibt sich erst nach mehr als acht Kilometern in A Pena eine Gelegenheit zum Frühstücken. Der 55-jährige bleibt ein wenig länger sitzen, um dann allein – in seinem Tempo – weiter zu pilgern. In Vilaserío trifft er Sabine, die abends in Negreira auch mit am Tisch saß, wieder. Sie unterhalten sich eine Weile, bis er allein und in einem Rutsch nach Santa Mariña läuft. In der sehr schönen Herberge warten schon Heide, Martin und Elias. Von Sabine, aber keine Spur, sie ist wahrscheinlich in einer anderen Herberge im Ort abgestiegen.
Es macht jetzt richtig Spaß, nicht allein zu pilgern
17. Juli: Schon um zehn nach sechs macht sich Gunter Morgenthal gemeinsam mit Heide, Martin und Elias mit Taschenlampen auf die 33 Kilometer lange Etappe bis nach Cee. Andrea schließt sich den Pilgern an. Auch für heute sind wieder extreme Temperaturen bis 35 Grad angekündigt. „Anfangs bin ich das Tempo noch mitgelaufen“, schreibt der Buxtehuder via WhatsApp, „aber irgendwann sagte ich zu den anderen, dass ich mich jetzt zurück fallen lasse, um mein Tempo zu gehen“. Als er nach 13 Kilometern in Olveiroa in der ersten Cafeteria ankommt, wird er von seinen Pilgerfreunden schon erwartet. Während Gunter Morgenthal noch sein doppeltes Frühstück verspeist, machen sich „seine Leute“ wieder auf den Weg. In Logoso ist wegen der Hitze eine weitere Pause angesagt. 15 Kilometer vor Cee legt er in Hospital erneut eine Rast ein.
Es ist jetzt kurz vor elf und vor unserem Pilger liegen noch drei Stunden in mörderischer Hitze. Es geht fast immer stetig bergauf und der Wasservorrat ist mit einem Liter viel zu knapp. Die Sonne knall fast senkrecht vom Himmel, so dass die Bäume nur wenig Schatten spenden. Trotzdem ist jeder Baum so etwas wie ein Geschenk. Als er endlich die Bergkuppe erreicht, kann er schon den Atlantik und den Faro de Fisterra (Leuchtturm von Finisterre) sehen. Bis Cee geht es jetzt nur noch bergab. Kaum dort angekommen, setzt er sich in den Schatten der ersten Bar und gleicht den Flüssigkeitsverlust mit zwei kühlen frisch Gezapften aus. Eine halbe Stunde später steuert er die am Vortag reservierte Herberge an, wo seine Pilgerfreunde und Sabine bereits auf ihn warten. „Da alle schon Hunger hatten“, schreibt er, „klemmten sie mich gleich unter den Arm, um Essen zu gehen“. Abends ziehen alle noch einmal los, essen leckere Tapas, gehen Schwimmen im Atlantik und trinken einen letzten Vino im Mondschein am Hafen.
Pilgerhose am Leuchtturm verbrannt
18. Juli: Die Nacht war nur kurz, als Gunter Morgenthal gegen sechs aufsteht. Aber bis zum Kap Finisterre ist es ja nicht mehr weit: 16,5 Kilometer. Gemeinsam steuern die Pilgerfreunde eine Cafeteria in Cee an und machen sich nach einem doppelten Frühstück entspannt auf den Weg. Nach einem kurzen, aber steilen Aufstieg, läuft es gut für den Buxtehuder, so dass er vor allen anderen den Atlantik erreicht. In einer Bucht entdeckt er einen „Traumstrand“, an dem er sich sogleich in die Wellen stürzt. Inzwischen sind auch die anderen eingetroffen und weil die Herberge nur eine knappe Stunde entfernt ist, bleibt die kleine Gruppe noch eine Weile am „Traumstrand“ sitzen. In Finisterre steht dann am Abend ein Besuch des Leuchtturms an, um dort ein kleines Lagerfeuer zu machen: Wie viele Pilger vor ihm schon, wirft Gunter Morgenthal seine Pilgerhose, mit der er bis jetzt schon 2.000 Kilometer gepilgert ist, ins Feuer und verbrennt sie. „Meine Fisterrana (Urkunde) hole ich mir morgen“, schreibt er noch, denn am nächsten Tag wollen sich alle eine Auszeit gönnen.
Anmerkung der Redaktion: Alle Etappen von Gunter Morgenthals Pilgerreise auf dem Jakobsweg finden Sie hier.